CMD = Craniomandibuläre Dysfunktion - Beschwerden rund ums Kiefergelenk
Aktualisiert: 15. März
Das Kausystem, eine lebenswichtige Unit in einer großen Funktionskette.
Immer wieder bin ich aufs neue fasziniert, wie unterschiedlich sich die Geschichten meiner Klienten präsentieren, obwohl ein und dieselbe Diagnose gestellt wurde: CMD: cranio - mandibuläre Dysfunktion = Schmerzen im Bereich des Kausystems. Wir betreten hier das jüngste Behandlungsfeld innerhalb der Physiotherapie, welches viele klinische Fächer umspannt und es daher schwierig macht, Beschwerdebilder gut zuzuordnen und zu verstehen - eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachgruppen und Ärzte würde oft diagnostische Wege verkürzen und rascher zu einer optimalen Betreuung führen.
Ohne eine geeignete Spezialisierung des Physiotherapeuten ist eine adäquate Behandlung meines Erachtens nicht gegeben und es kamen schon oft Klienten auf Umwegen zu mir, welche mit einer "normalen" Physiotherapie keine Besserung erzielen konnten und diese Tatsache bestätigt haben. Ich bin 2006 über ein Kursangebot der CRAFTA Akademie gestolpert - und dafür sehr dankbar, denn ich durfte dort meine umfassende wissenschaftlich evidenzbasierte Fortbildung zur craniofazialen Therapeutin 2011 abschließen.
Daher die gute Nachricht: Beschwerden am Kausystem lassen sich wirklich gut behandeln, eine Beschwerdefreiheit kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei adäquater, ganzheitlicher und individueller Therapie erzielt werden.
Der Schmerz, "der vom Kiefer kommt", kann vielerlei Ursachen und Auslöser haben - daher ist es so wichtig, funktionale Zusammenhänge zu verstehen.
Ursache und Wirkung - lokale versus globale Mechanismen.
Ein lokales Beispiel: Unsere Kiefergelenke können prinzipiell mit Druck gut umgehen - sind diese doch mit einer extra absorbierenden Knorpelscheibe - einem Diskus ausgestattet. Wussten Sie, dass der Masseter und Temporalis Muskel (= Schließmuskeln), welche beide zum Kausystem gehören, die kräftigsten Muskeln unseres Körpers sind? Klein, aber oho...
Diese Druckkomponente spielt eine tragende lokale Rolle bei Überlastungen welche zB. durch Zähne knirschen oder pressen in weiterer Folge zu Beschwerden rund um das Gelenk führen können. In der Therapie gibt es viele Muskel- und Faszientechniken, welche gut und einfach selbst angewendet werden können, um diese Belastungen wieder zu senken. Ausserdem helfen individuelle Copingstrategien und Maßnahmen zur Verhaltensänderung (von einer guten ergonomischen Arbeitshaltung bis zum Stressmanagement) dem Klienten, aktiv die Verbesserung der Beschwerden zu unterstützen.
Ein globales Beispiel: Einer der wichtigsten Nachbarstrukturen ist die Halswirbelsäule - sie kann Beschwerden im Kausystem auslösen. Wir sprechen in diesem Fall von "referred pain" = weitergeleiteter Schmerz. Mögliche Ursachen wären hier ein Auffahrunfall mit WAD (Peitschenschlag) oder ein Sturz über die Treppe im Kindesalter mit Aufprall am Hinterkopf oder umgekehrt ein Sturz aufs Kinn; ein Salto vom Fahrrad; ein Sturz vom Pferd; ein scharfer Ball an den Kopf oder ins Gesicht; ("einfach nur") eine schlampige Sitzhaltung über viele Jahre uvm. Diese mechanischen Überlastungen hinterlassen Spuren und über den Lauf der Jahre entwickeln wir funktionelle Dysbalancen (Steifigkeiten an den Gelenken der Halswirbelsäule, Veränderungen in den Weichteilen - Muskulatur und Faszienkette lokal und global), welche auf Grund der physiologischen Verbindung (Nukleus trigeminocervicalis) zum Kausystem dieses mit involvieren, obwohl es "nichts" dafür kann. Entsprechende Tests machen es möglich, Ursache und Auswirkung klar zu differenzieren und die nötigen Behandlungsschritte zB aus dem Bereich der manuellen Therapie zu setzen, um Beschwerden langfristig zu lindern.
Ich könnte viele weitere Beispiele anfügen und wenn ich ehrlich bin, dann wären es mittlerweile Beispiele im 5 stelligen Bereich, denn jede einzelne Klientengeschichte ist eine wundervolle, aufregende, anschauliche Quelle von Ursache und Wirkung!
Diese Zusammenhänge, welche sich aus der Geschichte eines jeden Menschen herauslesen lassen, entscheiden meist auch über die Art der Beschwerden und sie bilden immer die Basis für die gemeinsam gewählten Therapiemaßnahmen. Und: ich arbeite immer mit und an komplexen System gemeinsam: Muskel-, Faszien- und Nervensystem, als auch am Bewegungsapparat; aktiv und passiv - je nach Notwendigkeit.
Es ist so berührend zu erleben, wie Klienten wieder richtig aufblühen, wenn Beschwerdefreiheit wiederhergestellt ist und Essen wieder zum Genuss wird - ohne Angst vor Schmerzen. Es ist einfach großartig zu sehen, wie Körperwahrnehmung, Achtsamkeit und self care ein ganz selbstverständlicher Teil vom eigenen Leben werden und Klienten Ihre Gesundheit in die eigene Hand nehmen und generell Freude daran finden, Ihre Geschichte und die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen, um wieder ein eigenständiges beschwerdefreies Leben zu führen!
Ich stehe jederzeit für Fragen zur Verfügung - schreiben Sie mir einfach eine Mail an friederike.stricker@gmail.com mit Ihrem Anliegen!
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